Informationsfreiheit: Das Recht, zu wissen

Hätten sie es nicht, wäre "Demokratie" nichts weiter als eine leere Worthülse. Die Demokratie lebt davon, dass informierte BürgerInnen ihre Meinung artikulieren, sich einmischen und sich um ihr Gemeinwesen kümmern. Es ist weder allein Sache der Parteien, noch allein Angelegenheit der Staatsgewalten. Um mitreden und mithandeln zu können, bedarf es der Information. Dazu gehören auch solche, die nur in Akten und Speichermedien der öffentlichen Hände zu finden sind. Eine ohne die notwendige Information vorgetragene Meinung wird sich nicht durchsetzen. Sie wird an Tatsachen und Informationen scheitern, die andere für ihre Meinung anführen können. Wer also mitdenken können soll, muss informiert sein, muss Zugang auch zu staatlichen Informationen haben. Daraus folgt: es gibt ein Recht, zu wissen. Oder: das Recht, sich frei zu informieren, also die Informationsfreiheit. Das Recht, Informationen von Verwaltungen und politischen Entscheidungsträgern abfordern zu können, ist die Voraussetzung für aktive Partizipation und effektive Kontrolle staatlichen Handelns durch den Bürger.

  • Wer weiß, was der Staat tut, ist nicht nur besser informiert. Die Möglichkeit der Kontrolle  durch die BürgerInnen und ihre dadurch jederzeit mögliche Teilhabe an Entscheidungsprozessen, zwingt die Exekutive zu sorgfältigem Handeln. Die Informationsfreiheit schafft mehr Einblick in staatliche Abläufe. Sie macht sie transparent und führt zu Offenheit in der Demokratie. Das hat Folgen. Die eine ist eine Effizienzsteigerung der sich öffnenden staatlichen oder staatlich kontrollierten Einrichtungen. Ineffizienz wird schneller erkannt - der Druck, sie zu beseitigen, wächst. Zudem kann Fehlentwicklungen wie Korruption oder Amtsmissbrauch vorgebeugt werden. Schließlich werden durch transparente Verwaltungs-Entscheidungen, an denen sich BürgerInnen beteiligen können, Konflikte früher erkannt. Sie können rechtzeitig ausgeräumt werden, Entscheidungen gewinnen damit an Akzeptanz und sind deshalb tragfähiger. Auch handfeste wirtschaftliche Verbesserungen sind in Form von geringeren Kosten und Einsparungen Folge der Informationsfreiheit der BürgerInnen. Das lehrt der Blick über die Grenzen zu solchen europäischen und anderen Nachbarn, die die Informationsfreiheit der BürgerInnen schon lange kennen.
  • Die Informationsfreiheit ist gesetzlich verankert. Im Informationsfreiheitsgesetz(IFG) des Bundes und in den gleichartigen Informationsfreiheitsgesetzen einiger Bundesländer. Ohne solche Gesetze haben BürgerInnen nur das Recht, sich aus allgemein zugänglichen Quellen zu informieren oder nur dann das Recht auf Informationszugang zu staatlichen Akten, wenn sie nachweisen können, dass sie persönlich betroffen sind.
  • Ein Informationsfreiheitsgesetz gewährt den BürgerInnen in seinem Geltungsbereich einen grundsätzlich freien Zugang zu allen bei den öffentlichen Verwaltungen oder den von ihnen kontrollierten privaten Institutionen existierenden Informationen. Es regelt die entsprechenden Rechte und legt das nähere Verfahren fest, um diesen freien Zugang zu gewähren. Das Herzstück eines Informationsfreiheitsgesetzes ist die Umkehr der "Beweislast". Die Verwaltung muss  nach dm IFG belegen, warum sie welche Informationen nicht herausgeben will, kann oder darf. Anfragende haben somit tatsächlich die Chance, allerelevanten Informationen  zu bekommen, sofern dem nicht ein wirkliches und nachgewiesenes Geheimhaltungsinteresse entgegensteht. Auch die Form, in denen die Information geliefert werden muss, bestimmen die Anfragenden grundsätzlich selbst. 
  • Einen vergleichbaren allgemeinen Anspruch auf Einsichtnahme in Behördenakten gibt es sonst nur im Umweltbereich auf der Grundlage des Umweltinformationsgesetzes. Im Übrigen ist der Zugang zu den Akten und Informationen in den Behörden herkömmlicherweise an bestimmte Verfahrensgestaltungen gebunden oder von der Darlegung eines besonderen Interesses abhängig. Akteneinsicht oder Auskünfte werden etwa dann erteilt, wenn man Beteiligter eines Verfahrens ist, wenn es nur um die eigenen Daten geht oder wenn man aus wirtschaftlich motivierten Gründen Auskünfte aus öffentlichen Registern wie z.B. das Grundbuch, die Gewerberegister oder auch das Kfz-Halterverzeichnis benötigt. Abgesehen vom Umweltinformationsgesetz bestehen Einsichtsrechte, die von jedermann ohne den Nachweis eines bestimmten Interesses wahrgenommen werden können, nur als Ausnahme (Einsicht in das Handelsregister oder in einigen Ländern in Wasserbücher).
  • Auch die Form, in denen die Information geliefert werden muss, bestimmen die Anfragenden grundsätzlich selbst. Die Behörden sind verpflichtet, die gewünschte Information binnen kurzer Frist zur Verfügung zu stellen.
  • Nicht alle Informationen sind zugänglich. Die Informationsfreiheitsgesetze lassen es zu, dass Informationen zurückgehalten werden dürfen, wenn sie staatliche oder private Geheimnisse enthalten oder der Datenschutz tangiert ist. Diese Geheimnisse sind gesperrt.
  • Informationsgesetze bieten für die BürgerInnen einen Ansprechpartner für Fragen und Beschwerden: die Beauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit. Jeder kann sich an sie wenden, wenn er meint, eine Information zu Unrecht nicht erhalten zu haben oder wenn er Fragen zum Informationsfreiheitsgesetz hat.
  • Ein IFG bringt denjenigen Vorteile, die direkt oder indirekt von Vorgängen und Entscheidungen der öffentlichen Hand betroffen sind - also allen.
  • Für den Bürger entsteht der größte Mehrwert durch die gesteigerte Transparenz und das Gefühl, nicht ein ohnmächtiges Verwaltungsobjekt zu sein, sondern auf Grundlage akkurater Information aktiv teilhaben zu können. Vielleicht interessiert sich der eine für die Haushaltslage seiner Gemeinde oder für die jüngsten Planungsvorhaben vor Ort. Oder er möchte wissen, nach welchen Kriterien der Auftrag zur Planung und Errichtung eines Schulneubaus vergeben wurde, wie die letzte Bürgerversammlung gelaufen ist oder was bei der jüngsten Verkehrszählung herausgekommen ist. Wer gerade umzog, möchte vielleicht wissen, wie "streng" in der neuen Heimatgemeinde bestimmte Gesetze oder Verordnungen umgesetzt werden.
  • Aus Sicht von Unternehmen können z.B. offen gelegte Vorgänge wie Ausschreibungen von Nutzen sein, aber auch die Einsicht in Richtlinien zu Entscheidungsprozessen, von denen sie direkt betroffen sind oder Einblicke in künftige Vorhaben der Verwaltung, zu denen diese Unternehmen etwas beizutragen haben.
  • Es profitieren auch Journalisten. Deren Aufgabe ist es ja gerade, Informationen zu sammeln, um die BürgerInnen zu informieren. Auch dadurch tragen die Medien, für die sie arbeiten, zur Meinungsbildung  und zur Kontrolle des Staates bei. In den USA hat der "Freedom of Information Act" die journalistische Recherchekultur kräftig unterstützt.

 

Alle texte: Thomas Hart/Benno H. Pöppelmann